Soziale Medien als Risikoquelle für Unternehmen

Social Media (auch Soziale Medien) bezeichnen digitale Medien und Technologien, die es Nutzern ermöglichen, sich untereinander auszutauschen und mediale Inhalte einzeln oder in Gemeinschaft zu gestalten.

In der Nutzung von sozialen Medien liegen nicht nur Chancen, sondern auch Risiken für Unternehmen. Diese Risiken ergeben sich bspw. aus rechtlichen Vorschriften, die etwa die Zurechenbarkeit von Aktivitäten von Mitarbeitern zum Unternehmen betreffen, oder in der extrem schnellen Ausbreitungsgeschwindigkeit von Informationen im WWW. Der Artikel gibt einen Überblick zu diesen Themen.

Soziale Interaktionen und Zusammenarbeit (manchmal in Anlehnung an den englischen Begriff auch 'Kollaboration' genannt) in sozialen Medien gewinnen zunehmend an Bedeutung und wandeln mediale Monologe (one to many) in sozial-mediale Dialoge (many to many) um. Zudem sollen sie die Demokratisierung von Wissen und Informationen unterstützen und den Nutzer von einem Konsumenten zu einem Produzenten entwickeln. Demnach besteht gemäß dieser Sicht ein geringes oder kein Gefälle zwischen Sender und Rezipienten (Sender-Empfänger-Modell). Als Kommunikationsmittel in den sozialen Medien werden dabei Text, Bild, Audio oder Video verwendet.

Das gemeinsame Erstellen, Bearbeiten und Verteilen von Inhalt, unterstützt von interaktiven Anwendungen, betont auch der neudeutsche Begriff des Web 2.0 (Diese Einführung stammt aus http://de.wikipedia.org/wiki/Social_Media). Ganz konkret werden zum Beispiel darunter Foren für moderne und öffentliche Kommunikation verstanden. Die bekanntesten Vertreter dürften Facebook, Xing, Twitter und jegliche Art von frei zugänglichen Blogs sein. Aber auch Wikipedia und andere Wissensbanken oder Bewertungsportale gehören dazu. Der Begriff sozial ist hier nicht mit gemeinnützig zu verwechseln, es geht vielmehr um den sichtbaren Austausch von Informationen, an dem sich, je nach eingesetztem Medium, auch andere beteiligen können.

Viele Unternehmen sind in den Social Media vertreten und erhoffen sich dadurch einen Wettbewerbsvorteil. Im Falle einer Nutzung der Möglichkeiten der Online-Medien sollte das Unternehmen selbstverständlich eine an den Unternehmenszielen orientierte Strategie verfolgen. Die Gefahr hierbei ist jedoch: Ohne Inhalt und Leben führt eine solche Beteiligung langfristig eher zu einer negativen Außenwirkung. Social Media leben vom Mitmachen, was für die Unternehmen wiederum Aufwand und Einsatz von finanziellen Mitteln bedeutet. Das ist ein Grund, warum sich andere Unternehmen bewusst gegen einen großen Auftritt entschieden haben. Dennoch sind beide Gruppen von der Existenz der sozialen Medien betroffen, manchmal auch ohne es zu wollen.

Mitarbeiter und Kunden können das Image einer jeden Firma zu einem Teil aus den sozialen Medien heraus maßgeblich (mit)bestimmen. Dabei kann man nicht automatisch davon ausgehen, dass sich jeder Mitarbeiter oder Vertragspartner (z. B. selbständige Handelsvertreter) wunschgemäß verhält. Eine nur passive Haltung des Unternehmens zu den sozialen Medien ist folglich nicht ausreichend, um möglichen Risiken zu begegnen. Daraus ergeben sich einige Fragen, die geregelt werden müssen, wie z.B.:

  • Wie soll sich ein Mitarbeiter verhalten, wenn er Kritik über sein Unternehmen in einem sozialen Netzwerk mitbekommt?
  • Darf er sich mit einem eigenen Kommentar einschalten?
  • Muss er sich ggf. als Mitarbeiter zu erkennen geben?
  • Soll er die Gesellschaft informieren? Wenn ja, welche Abteilung?
  • Wo ist die Grenze zwischen privaten und dienstlichen Äußerungen?

 

Nutzung der sozialen Medien durch Kunden und Mitarbeiter

Grundsätzlich ist jedes Unternehmen von sozialen Medien betroffen; dabei ist die eigene Präsentation und Teilnahme am und im Internet zunächst unerheblich. Auch wer als Unternehmen nicht in oben genannten Foren aktiv ist, hat eine indirekte Verbindung in soziale Netzwerke über Kunden und Mitarbeiter. Kunden tauschen zunehmend ihre Erfahrungen über das Netz aus. Die Bewertungen, die ein Produkt erhält, sind wichtig für die Kaufentscheidungen anderer Verbraucher. Dieses gilt für Waren und Dienstleistungen gleichermaßen.

Während noch in den achtziger Jahren negative Erfahrungen durch Mundpropaganda an ungefähr 10 Personen weitererzählt wurden, sollen es über das Internet und Foren heute rund 1.000 Empfänger sein. Die eingetragenen Bewertungen bleiben dort im Grunde für immer eingestellt und können somit auch noch Jahre später eingesehen werden.

 

Gutgemeinte Unterstützung versus Schleichwerbung

Bei den Mitarbeitern ist das Risiko für das Unternehmen besonders hoch, da diese bewusst oder unbewusst für den jeweiligen Arbeitgeber aktiv werden können oder ggf. auch von außen angesprochen werden. Ist ein Mitarbeiter im Web unterwegs, können dessen Äußerungen und Handlungen juristisch dem Arbeitgeber zugerechnet werden.

So geschehen bei einer großen bekannten Rechtsschutzversicherung. In diesem Fall fühlte sich ein Mitarbeiter berufen, die Produkte seines Arbeitgebers in einem öffentlich zugänglichen Blog zu verteidigen. Dazu schrieb er, dass er und sein Anwalt mit dem Produkt und dem Versicherungsunternehmen sehr zufrieden seien und das neue Produkt eine herausragende Stellung am Markt einnehme.

Trotz dieser im Grunde positiven und gegenüber dem eigenen Arbeitgeber wohlmeinenden Intention des Mitarbeiters unterließ dieser es, in seinem Kommentar darauf hinzuweisen, dass er für dieses Unternehmen tätig ist.

Dass verdeckte Werbung verboten ist, ist schon seit längerer Zeit bekannt. Dieses Verbot gilt natürlich auch im vermeintlich anonymen Internet; es stellt keinen rechtsfreien Raum dar. Der Versicherer wurde zunächst durch den Betreiber des Blogs wegen Verstoßes gegen § 4 Nr. 3 UWG (verschleierte Werbung) abgemahnt. Die Rechtsschutzversicherung wollte sich den Verstoß nicht zurechnen lassen, da der Blog-Eintrag nach ihrer Aussage ohne ihr Einverständnis erfolgt sei.

Es folgte der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, dem das Landgericht Hamburg stattgegeben hat. Diese Zurechnung der Handlung von Mitarbeitern und anderen Gehilfen wie z. B. selbstständigen Handelsvertretern ist nach § 8 UWG rechtlich vorgesehen. Der Grundgedanke dabei ist, dass derjenige, der fremde Hilfe in Anspruch nimmt, das damit verbundene Risiko tragen muss.

In § 8 Absatz 2 UWG heißt es: „Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet.“ Folglich kann ein Unternehmen, welches selbst im Web gar nicht präsent ist, im Falle eines (wenn auch ungewollten) Wettbewerbsverstoßes eines Mitarbeiters entsprechend haftbar gemacht werden.

Im aktuellen Fall wurde die Rechtsschutzversicherung dazu verurteilt, den Blogeintrag zu löschen, bzw. als eigene Werbung entsprechend kenntlich zu machen. Im Falle der Zuwiderhandlung wurde ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, angeordnet. Im Weiteren hat die Versicherung die Kosten für das Verfahren zu tragen (Streitwert immerhin 25.000 Euro).

Bleibt noch die Frage zu klären, wie der anonyme Blogeintrag auf das Versicherungsunternehmen zurückgeführt werden konnte, da der Kommentar ja ursprünglich den Eindruck hinterließ, von einem Kunden eingestellt worden zu sein. Die Blogbetreiber nahmen die etwas zu euphorische Gestaltung des Kommentars zum Anlass, sich die IP-Adresse des Schreibers mal etwas genauer anzusehen. Die Überprüfung der festen Anschlusskennung ergab, dass der Kommentar von einem Firmenrechner der Rechtsschutzversicherung eingestellt wurde. Ob der Mitarbeiter dieses nun in seiner Freizeit (Mittagspause), erlaubt oder unerlaubt getan hatte, spielte für die rechtliche Beurteilung aus Sicht des Landgerichts Hamburg keine Rolle.

Hieran lässt sich eindrucksvoll erkennen, wie es sich mit der vermeintlichen Anonymität im World Wide Web tatsächlich verhält: Technisch war die entsprechende Zuordnung kein Problem.

 

Abwertende Äußerungen über eigenes Unternehmen

Umgekehrte Fälle, in denen Unternehmen Mitarbeiter negativen Äußerungen über das Unternehmen abgeben, gibt es ebenfalls. Dabei beschränken sich die Äußerungen nicht auf die Teeküche oder auf einen begrenzten Personenkreis. Es kommt vor, dass die sozialen Medien dazu genutzt werden, seinen Ärger über seinen Arbeitgeber freien Lauf zu lassen. Juristisch trifft das Grundrecht zur freien Meinungsäußerung auf die schutzwürdigen Interessen des betroffenen Unternehmens (strafrechtlich verbotene Schmähkritik bzw. Beleidigung). Dabei ist es nur ein schwacher Trost, dass bei Überschreiten der freien Meinungsäußerung eine fristlose Kündigung im Arbeitsrecht gerechtfertigt sein kann.

Bis dahin können viele Kunden die Einträge gelesen haben. Ohne auf die juristischen Feinheiten weiter eingehen zu wollen, stellt sich die Frage, ob Konflikte dieser Art nicht vermeidbar sind, wenn sich Mitarbeiter ihrer Handlung und deren Ausmaß bewusst sind. Es gibt Studien, die belegen, dass im vermeintlich anonymen Internet leichtfertiger mit Informationen umgegangen wird als im realen Leben. Mit der Möglichkeit mit 1.000 Personen gleichzeitig seinen Ärger zu teilen, geht eine neue Verantwortung einher. Diese Verantwortung und eigene Risiken dem Mitarbeiter aufzuzeigen, hilft jedem Unternehmen.

 

Kunde trifft Mitarbeiter im Netz

Da Foren wie Facebook sehr viele Nutzer haben, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sowohl Kunden als auch Mitarbeiter angemeldet sind, vergleichsweise hoch. Über die Suchfunktion (z. B. nach Namen) ist eine Kontaktaufnahme durch den Kunden durchaus möglich.

Denkbar ist der Fall, dass der Schadensachbearbeiter, der einen Schaden abgelehnt hat, vom Anspruchsteller oder Kunden kontaktiert wird und eine dienstliche Tätigkeit entsteht. Wie soll sich ein Mitarbeiter verhalten, der von einem Kunden über Facebook zu einem dienstlichen Vorgang angeschrieben wird?

 

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