QA-Tagung des Deutschen Instituts für Interne Revision e.V.: über die Grenzen des Voluntativs…

In den letzten zehn Jahren nahm die Diskussion über die Qualität der Internen Revision an inhaltliche Schärfe zu und zunehmende Bedeutung an. Es diskutierte zunächst der Berufsstand untereinander und dann auch Fachfremde wie die Wirtschaftsprüfer mit.

Die Wissenschaft schaltete sich ein und begann zu publizieren. Das Feld wurde bestellt. Einige zarte Pflänzchen erblühten, ein deutscher Standard erblickte das Licht der Welt und natürlich eine Checkliste, allerdings unkommentiert. Der Mittelstand fragt sich, was ihm das Ganze nützt.

 

Der DIIR-Qualitätsstandard und die dahinter liegende Checkliste haben sich wieder einmal zu einer profunden Akquisitionswaffe von revisionsfremden Fachleuten wie Wirtschaftsprüfern und anderen Beratern entwickelt, und nicht zuletzt das Institut geht den Weg des leichten, weil erzwungenen Umsatzes, will der geneigte Assessor seine Akkreditierung nicht verlieren.

Diesen Assessoren macht es in Form der GmbH auch eifrig Konkurrenz, so gesehen ist die DIIR GmbH der natürliche Feind des einzelnen Mitglieds, das Assessments alleine durchführen möchte. Es gibt nach mündlicher Auskunft des Instituts über 400 Assessoren, was die lebhafte Frage aufwirft, ob alle von ihren Assessments wirklich leben können oder gar Hunger leiden müssen. Man bekommt Mitleid mit ihnen wie mit dem Leierkastenmann aus Schuberts Winterreise, dessen Teller auch immer leer bleibt…

Gegenstand dieses Kommentars ist hauptsächlich die erste nach neuerer, weil interaktiver Logik durchgeführte QA-Tagung, eine zweitägige Veranstaltung für Assessoren, die sie entweder besuchen müssen oder sich aus dem großen Katalog des Instituts alternativ aussuchen dürfen müssen, was sie tun möchten, wenn sie ihre Akkreditierung nicht verlieren wollen. Die Aussagen stellen selbstverständlich die Meinung des Verfassers dar und dürfen kommentiert werden.

 

Austausch von Kochrezepten

Die QA Tagung des Instituts sei auf Wunsch der Mitglieder eine interaktive Veranstaltung, wie mehrfach zu hören war, die garniert wurde mit einigen Rahmenvorträgen, von denen wir uns erlauben, den einen oder anderen herauszupicken und zu kommentieren.

Die Schwerpunkte der Tagung, sieht man einmal von betriebswirtschaftlichem Schattenboxen, historischen Anekdötchen zur kurzen Geschichte des Leitfadens und anderen Unnötigkeiten ab, waren die vertiefte Diskussion von einzelnen Fragen aus dem QA-Leitfragenkatalog (vulgo Checkliste) zum QA. Diese sollten in verschiedenen Fachsitzungen diskutiert werden. Eine Diskussion, so sagt uns Wikipedia, ist

…ein Gespräch (auch Dialog) zwischen zwei oder mehreren Personen (Diskutanten), in dem ein bestimmtes Thema untersucht (diskutiert) wird, wobei jede Seite ihre Argumente vorträgt. Als solche ist sie Teil zwischenmenschlicher Kommunikation. Das Wort Diskussion stammt vom lat. Substantiv discussio „Untersuchung, [...] Prüfung“ ab. Das Verb dazu heißt discutere und bedeutet „eine Sache diskutieren = untersuchen, erörtern, besprechend erwägen“.

Darauf wurden die Teilnehmer teilweise auch etwas schulmeisterlich-drängend in den Fachsitzungen hingewiesen. Anhängern gewaltfreier Kommunikation wurde es dabei vielleicht ein wenig schwummrig… Eine Diskussion allerdings basiert auf etwas zu Diskutierendem, vorgebracht als Impuls von Moderatoren, und das kam wohl ein wenig zu kurz. Was ist damit gemeint? Beispiele…

Eine der schwierigsten Fragen zur Beurteilung der Internen Revision betrifft deren kapazitative Ausstattung. Dies ist ein Thema, mit dem sich einschlägige Studien und Benchmarks unterschiedlicher Herkunft, aber auch die Wissenschaft und last but not least die Praxis der Internen Revision beschäftigt haben und zu dem es in den letzten Jahren signifikanten Output von verschiedenen Autoren gab. Auch TAF hat in 2011 eine bescheidene Leitlinie publiziert (nach einem halben Jahr Entwurfsstadium, in dem die Leitlinie online der öffentlichen Kritik ausgesetzt war), in der wir uns mit der Herleitung der Kapazität beschäftigt haben.

Es lassen sich per heute im Wesentlichen vier verschiedene, praktikable Wissensquellen für die Beurteilung der Kapazität unterscheiden. Wenn man diese Frage in einer interaktiven Veranstaltung vernünftig diskutieren will, so könnten diese beispielsweise mit Vor- und Nachteilen dargestellt werden und dann in der Beurteilung der Praxis diskutiert werden. Wie lief es aber tatsächlich ab? Es erfolgten der Verweis auf die bekannten Benchmarks (Studien) und ähnliches. Ein Blick des Autors dieser Zeilen in die Schulungsunterlagen des Instituts (Stand 2008) und der Vergleich mit den Unterlagen der Tagung (Stand 2014) zeigt, dass hier keine weitere fachliche Arbeit geleistet worden ist, die die Entwicklung der letzten Jahre berücksichtigt hätte; eine wissenschaftliche Fundierung zur Kapazitätsermittlung in der Internen Revision z.B. kam in 2009 zur Veröffentlichung.

Sie wurde offensichtlich die letzten fünf Jahre bei der Fortentwicklung dieses Punktes, obwohl er zum Mindeststandard für eine Interne Revision (vulgo K.O.-Kriterium) zählt, nicht in Betracht gezogen, zumindest nicht erwähnt. Was sagt das bei diesem zentralen Beurteilungskriterium über die Vorbereitung  der Veranstaltung aus? Welche weiteren Annahmen lassen sich formulieren, wenn man voraussetzt, dass die anderen Diskussionsschwerpunkte in ähnlicher Form ‚fortentwickelt‘ – hier in Hochkommata – wurden? Es ist nicht so, dass in den letzten Jahren keine Fortentwicklung stattgefunden hätte; zu sehen war dies allerdings in der Veranstaltung nicht.

Ungleich schwieriger als die Frage der Quantität, die sich letzten Endes in verfügbaren Prüfertagen ausdrückt, ist die Frage der Qualität, d.h. der Aus- und Fortbildung der Internen Revisoren. Auf eine solche wurde darum auch in der Diskussion gänzlich verzichtet. Der Nutzenwert aus einem Wissenszuwachs für den erfahrenen Quality Assessor dürfte damit insgesamt nahe Null gelegen haben. Zumindest erging es dem Autor dieser Zeilen so.

So zieht es sich in ähnlicher Weise durch das Thema Qualitätsmanagement in der Internen Revision, hier verschärft durch die Frage, was eine mittelständisch orientierte Interne Revision mit den umfangreichen und nur mit entsprechender Kapazität umzusetzenden Qualitätssicherungsmaßnahmen einer Konzernrevision mit über einhundert Mitarbeitern anfangen soll. Nämlich gar nichts. Es wird sie viel eher interessieren, wie sie mit ihren begrenzten Ressourcen ein Qualitätsmanagement umzusetzen imstande ist, dass sie ein QA passieren lassen kann. Eine Diskussion kann hier gar nicht in Gang kommen. Und kam auch nicht.

So blieb es eher auf dem Niveau des Austauschs von simplen Kochrezepten,  und das Fehlen von hilfreicher Anleitung für den wichtigen Einzelfall, ob nun größen- oder branchenorientiert, war deutlich zu spüren; ein Manko des QA seit Anbeginn.

 

Rechtliche Rahmenbedingungen oder ist die Durchführung eines QAs strafbar?

Einer der Rahmenvorträge beschäftigte sich mit der Frage der rechtlichen Einordnung von QAs sowie von Stichprobenprüfungen (letzteres diskutieren wir hier nicht).

Aus dem Begriff des möglichen Organisationsverschuldens lässt sich, ohne dass dies an dieser Stelle ausgreifend erläutert und diskutiert werden soll, ein Risiko für das Unternehmen ableiten, was die Ausgestaltung der Internen Revision angeht. Dies gilt vor allem dann, wenn die Interne Revision das einzige Überwachungsorgan im Unternehmen sein sollte und keine anderen Funktionen vorhanden sind, die Überwachungsaufgaben wahrnehmen (Controlling, Risikomanagement, Compliance, usw.) Selbst aus der Praxis des Mittelstands gesehen, dürfte dies mittlerweile eine Ausnahmesituation sein.

Im Ergebnis kommen wir zu dem für Juristen übliche, für Betriebswirte im Ergebnis eher unbrauchbaren Einerseitsandererseits, das in der Praxis in ein Weißnichtwasichmachensoll mündet. Die Ergebnisse eines QAs betreffen eine in- oder outgesourcte Funktion (letzteres ignoriert der Vortrag allerdings völlig, was eine zunehmende Anzahl an mittelständischen Unternehmen vor die Frage stellt, was denn für sie gelten solle, wenn sie sich für eine flexible Auslagerung entschieden haben; auch Unternehmen, die Teile der Internen Revision auslagern, bleiben mit ihren Fragen alleine). Es geht im QA um eine Prüfung der betrieblichen Funktion Interne Revision und nicht um die einer oder mehrerer Personen. Letzteres aber beurteilt ein Gericht, zumindest so lange, wie wir in Deutschland keine Strafbarkeit von Unternehmen haben (obwohl wir auf dem Weg dahin zu sein scheinen).

Ein QA kann also einen Internen Revisor, der sich juristisch und im verhandelten Einzelfall exkulpieren will, nicht wirklich exkulpieren. Ein Chief Audit Executive aber, der ein QA durchführen lässt, macht sich auch nicht strafbar. Das ist beruhigend zu wissen. Sind diese Ausführungen also für die Praxis von größerer Bedeutung?

Betrachtet man die Anzahl der vor Gericht verhandelten Fälle, sicherlich nicht. Schaut man auf das mit juristischer Präzision herausgedrechselte Fazit, so bleibt der Hörer mit dem Gefühl zurück, genauso viel oder wenig zu wissen wie vor dem Vortrag in der Frage der praktischen Anwendung. Insofern ist die Durchführung eines QAs nach diesem Vortrag ironischerweise eher nicht zu empfehlen, wenn man diese juristische Weltbetrachtung einmal unternimmt; die daraus folgenden (rechtlichen) Nutzenerwartungen dürften die Kosten nicht aufwiegen.

 

Die Zwänge des Voluntativs: Über Zwangsmitglieder und Zwangsschulungen

Dem einen oder anderen Assessor wurde im Zuge der Anmeldung zur Tagung überraschend mitgeteilt, dass eine bestehende Firmenmitgliedschaft nicht ausreiche, vielmehr sei eine Zwangsmitgliedschaft im Institut in personam notwendig und verpflichte zur Zahlung des entsprechenden Mitgliedsbeitrags.  Bei 400 Assessoren ist dies ein schönes Modell der Mitglieder- und Beitragsmaximierung.

Dito die Frage der Zwangsschulungen, was sich unschön anhört, und auch unschön ist, sofern man mit der Erwartungshaltung zu einer Tagung fährt, etwas zu lernen. Wem die Tagung nicht zusagte, der kann sich aus dem reichen Fundus des Instituts bedienen, das sich flugs einige Seminare heraussuchte, die alternativ besucht werden können, will man seine Akkreditierung nicht verlieren. Auch eine Art von Zwangsfortbildung, wobei dem geneigten Leser nicht ganz ersichtlich ist, was das eine oder andere ausgewählte Thema mit dem Thema Qualitätsmanagement zu tun hat; aber egal, man muss seine Veranstaltungen ja auch voll bekommen.

Zeit ist kostbar, zumindest für effizienzgetriebene Revisoren. So wurde ein Programm mühsam über zwei Tage gestreckt, die sich dann auch zweitägig abrechnen lassen, das inhaltlich problemlos in einen Tag gepasst hätte. Das eine historische Anekdötchen und das andere Schattenboxen hätte nicht sein müssen; einigen Vorträgen Art wird hier die Existenzberechtigung bestritten. Der eine oder andere Assessor schenkte sich denn auch den einen oder anderen Tag Anwesenheit: Zahl zwei und bekomm einen Tag dafür…

 

Zusammenfassung

Das Thema Qualität der Internen Revision ist wichtig, ohne Frage. Ob der Checklistenansatz des Instituts die Bedeutung der Frage angemessen reflektiert, ist zumindest diskutierbar, solange wesentliche Qualitätsfaktoren ohne vernünftige weitergehende Anleitung geschult und in den QAs umgesetzt werden. Es gibt sehr wohl Unterschiede in der Anwendbarkeit des QA bei verschieden großen Revisionen oder bei solchen, die einen Mix von internen und externen Revisoren einsetzen, vom Fall des vom Institut ignorierten partiellen oder kompletten Outsourcings mal ganz zu schweigen. Hier wäre Arbeit vonnöten.

Der aktuelle Ansatz, mit QA-Tagungen oder Seminaren des Instituts die Kompetenzen der Assessoren zu verbessern, darf mit Hinblick auf das eher von Umsatzinteressen angeleitete Vorgehen auch kritisch diskutiert werden.

Was wäre statt dessen nötig? Es bedürfte eines Kommentars zur Checkliste, in der gerade in den wichtigen Punkten, den Mindeststandards, weitergehende Anleitung zu geben wäre. Es wären die Inhalte von QA-Tagungen an die Fortentwicklung der praktischen und wissenschaftlichen Erkenntnis anzupassen, eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Es wären, wenn man denn den sogenannten interaktiven Standard bei QA-Tagungen beibehalten will, die Vorbereitungen so zu treffen, dass es zu einer echten Interaktion kommen kann, sprich fundierten Impulsen zu (weniger?) Themen in größerer Tiefe.

Das Institut scheint mit dem Thema offensichtlich an den Grenzen des Voluntativs angekommen; gut gemeint ist nicht gut gemacht. Hinter den beiden Flaggschiffen des Standards und der Checkliste leuchtet auf, dass der Output der Freiwilligenarbeit hinterfragt werden muss; er soll hier nicht herabgewürdigt werden! Viele Mitglieder engagieren sich und opfern Freizeit und vielleicht Urlaub für ihre Facharbeit. Viele davon kennt der Autor dieser Zeilen und es liegt ihm fern, ihre guten Absichten in Abrede zu stellen.

Eine Professionalisierung der Facharbeit ist trotzdem von Nöten, wenn ganz offensichtlich Geld für eine immer üppigere Personalausstattung des Instituts da ist, muss sie in professionelle Facharbeit fließen und nicht in Hochglanzbroschüren.

esc