Kommentar zur Beeinträchtigung Interner Revisoren

Transparency International, die Nichtregierungsorganisation, die sich der Korruptionsbekämpfung verschrieben hat, veröffentlichte das Ergebnis einer Umfrage aus dem Jahr 2015 unter Internen Revisoren, ob sie in ihrem Job eingeschüchtert, bedroht oder sonst wie negativ beeinflusst worden sind, damit unliebsame Prüfungsergebnisse nicht publik werden.

Aber legen wir erst mal die Karten auf den Tisch: Der Verfasser dieses Kommentars hat bei der Studie mitgewirkt, von Anfang bis Ende, obwohl er zugegeben zunächst skeptisch war, ob das Thema überhaupt ein Thema sei. Aus eigener Erfahrung kenne ich eine derartige Beeinflussung meiner Arbeit nämlich nicht. Und nein, ich bin nicht erst seit gestern im Job, sondern kann auf mittlerweile ca. 18 Jahre Interne Revision, davon mehr als 12 Jahre als Unternehmer und Anbieter von Dienstleistungen für mittelständische Unternehmen zurückblicken.

 

Vom Saulus zum Paulus

Natürlich wird bei Revisionsprojekten gestritten, manchmal über die Fakten, dann über deren Risikobewertung, dann über die Maßnahmen und die Termine und vieles andere mehr. Manchmal auch über Dinge, die es eigentlich nicht wert sind, dass man sie diskutiert. Konstruktives Streiten gehört dazu, und wer ausgesprochen harmoniebedürftig ist, der ist in anderen Berufen ganz sicher besser aufgehoben als in der Internen Revision. Soweit nichts Neues...

Insofern startete die Befragung von meiner Seite aus mit der, wie es so schön auch in unseren Berufsstandards heißt, notwendigen kritischen Grundhaltung dazu. Das Ergebnis, obwohl nicht statistisch aussagekräftig, muss dann aber doch überraschen: 65 % der KollegInnen und Kollegen werden beeinflusst, die Hälfte hübscht ihre Ergebnisse auf, gar 30 % erhalten Ergebnisvorgaben, das heißt, es ist vor Beginn der Prüfung für den Vorgebenden klar, was herauskommen soll. Andere fälschen schlicht. Die Bandbreite der Antworten zeigt den ganzen Werkzeugkasten professionellen Mobbings auf, dem die Interne Revision ausgesetzt ist.

Natürlich melden sich bei so einer Befragung die, die solche Dinge umtreiben. Revisoren ohne höheren Gewissensanteil wird das nicht groß kümmern; wer seinen Job nur als Möglichkeit sieht, die Raten für das Auto zu zahlen oder sich als Innenpolitiker in eigener Sache versteht, den ficht das nicht an. Transparency hat klar gesagt, dass die Studie eine Momentaufnahme ist und es weiterer Beschäftigung mit dem Thema bedarf. Alles richtig…

Jetzt kommt das Aber: Mich haben nach der Veröffentlichung der Ergebnisse Reaktionen erreicht von KollegInnen und Kollegen, die von Beeinflussungen berichten und die ich für glaubhaft halte. Sie kommen aus verschiedenen Organisationen, unterschiedlichen Branchen. Einige davon möchten sich jetzt im Weiteren für diese Sache engagieren. Ich bin selbst vom Saulus zum Paulus geworden in dieser Frage der Beeinflussung der Internen Revision. Sie lohnt zweifellos der weiteren, ernsthaften Beschäftigung.

Aus anderen Professionen wie Compliance hört man – derzeit noch hinter vorgehaltener Hand –Äußerungen, die in dieselbe Richtung gehen. Offensichtlich unterliegen all jene, deren Hauptgeschäft es ist, Risiken aufzudecken, Schwachstellen und Verstöße aufzuzeigen, auf dass sie angemessen behandelt werden, einem erhöhten Risiko in nicht wenigen Unternehmen, was den Fortgang der Karriere, den Bestand des Jobs oder ihre psychische Gesundheit angeht. Das Fakt als solches ist schon ein Skandal.

Transparency definiert Korruption als Missbrauch anvertrauter Macht; eine Definition, die mir in meinem Beruf viel zu weitgehend ist und nicht operabel, weswegen sie in meiner Praxis eher eingeengt wird auf interne Regelungen oder Gesetzesverstöße, auf das, was etwa im Strafgesetz beschrieben ist. Aber Machtmissbrauch ist es auch, wenn ein Vorstand solche Botschaften nicht hört, nicht hören will oder ein Aufsichtsrat es unterlässt, Kanäle zu schaffen, dass ihn solche Botschaften erreichen.

Was ist die Botschaft an die Internen Revisoren? Die beschriebenen Probleme bestehen ohne Zweifel. Dies darf aber kein Grund dafür sein, nicht daran zu arbeiten, dass sich die Missstände bessern. Es bedarf gemeinsamer Anstrengungen und des individuellen Einsatzes jedes Einzelnen, dass sich das bessert. Viele Vorschläge und viele Informationen führen zu guten Vorschlägen, Maßnahmen und jenem Druck, auf Grund dessen sich die Dinge ändern. Das ist die Ebene des Einzelnen.

 

Die Rolle des Verbandes

In Frankfurt am Main sitzt das Institut für Interne Revision, nach eigener Website mit folgender Aufgabe: Das DIIR unterstützt die praktische Arbeit in den Unternehmen, entwickelt zukunftsfähige Qualitäts- und Verfahrensstandards und versteht sich, europa- und weltweit vernetzt, als Plattform und Vertretung des Berufsstandes der Internen Revision.

Das Institut hat im ersten Quartal 2015 an einer weltweiten Umfrage des Institute for Internal Auditors mitgewirkt, die ähnliche Fragen gestellt hat Die Ergebnisse der IIA-Studie wurden im August vom IIA und vom DIIR veröffentlicht. Die Studie kommt ebenfalls zum Ergebnis, dass Interne Revisoren und deren Leiter unangemessener interner Einflussnahme ausgesetzt sind – durchschnittlich jeder Dritte.

Konkretere Forderungen zur Stärkung der Internen Revision an die Geschäftsführer, Vorstände und Aufsichtsräte sucht man bislang vergebens. Will das Institut sich in dieser Sache ernsthaft einbringen, muss es sich in dieser Frage besser positionieren.

 

Dranbleiben, wer nicht abgehängt werden will

Man muss am Thema dran bleiben. Es gilt die Beschäftigung mit den beschriebenen Schwachstellen voranzutreiben und zu intensivieren, um auf einer soliden Datengrundlage herauszufinden, welche Maßnahmen es braucht, um die Missstände auszuräumen. Das wird nicht einfach sein, und es wird auch dauern. Ein dickes Brett mit einem dünnen Bohrer gebohrt.

Transparency macht dazu schon Vorschläge. Die müssen nicht falsch sein, aber ob es alle sind und dann von allen die richtigen, ist noch offen. Es gilt die Datenbasis zu verbessern und es gilt den Input aus der Profession einzufangen, die am besten um ihr Geschäft weiß. Wir sind am Anfang. Es liegt an den Internen Revisoren selbst, ihre Sicht einzubringen, ihre Unabhängigkeit zu sichern und ihrem Anliegen Gehör zu verschaffen – intern und soweit notwendig auch gemeinsam und öffentlich.