Interne Revision als Interne Beratung - Teil 2
Moderne Revisionsfunktionen können für ihre Organisationen einen hohen Nutzen entwickeln, wenn sie neben ihrer Prüfungsfunktion auch beratende Funktionen ausüben.
Der zweiteilige Text gibt einen Überblick zu diesem Thema. Im geschützten Bereich wird zusätzlich für Mandanten von TAF ein Download als Vorlage für einen Prüfungsauftrag angeboten.
4 Wesentliche Inhalte des Beratungsprozesses durch die Interne Revision
Der Fokus der Beratung ist in der Regel ein Thema der Organisation mit einem gewissen Einmaligkeitscharakter. Die Beratung ist auf Assistenz („Management-Service“) für die Organisation bzw. ihre Entscheidungsträger zwecks Vermögens- und Erfolgssicherung ausgerichtet. Neben ihrer Fachkompetenz verfügen RevisorInnen über Methoden- und soziale sowie ggf. auch Veränderungskompetenz.
Im Beratungsprozess sollte von Anfang an Zielklarheit (mit dem Auftraggeber) herrschen und diese mit einer deutlichen Ausrichtung auf nachhaltige Umsetzung von Maßnahmen kombiniert werden. Das bedeutet, dass ein Auftrag definiert sein muss, wie er ja auch im Prüfungsprozess üblicher Weise definiert wird.
Die wesentlichen Phasen im Beratungsprozess sind:
- Informationsbeschaffung
- Problemerkenntnis
- Analyse und Diagnose
- Zielsetzung
- Empfehlung konkreter Maßnahmen
- Zielorientierte Implementierung.
Die nachfolgende Prüfung des Umsetzungserfolgs obliegt definitionsgemäß einer anderen Person als der des Beraters/der Beraterin. Zu den obigen Punkten kurz im Detail:
Zu 1.: Informationsbeschaffung
Sie ist ein häufiger Grund für die Beauftragung der Internen Revision, denn oft unterscheiden sich die vom Management nachgefragten von den tatsächlich benötigten Informationen (Problem der Detailfachkompetenz) oder die verfügbaren von den tatsächlich benötigten Informationen (logistisches Problem).
Zu 2.: Problemerkenntnis
Worin liegt genau das Problem? Das ist meist die Schlüsselfrage. „Wir verzeichnen unüblich hohen Schwund“ könnte eine solche Formulierung sein. Die Frage nach dem Warum drängt sich dabei ebenso rasch auf wie jene nach der Definition von Schwund sowie der Frage nach dem Grenzwert für die Bezeichnung ‚unüblich‘. Oft sind es auch miteinander verbundene Probleme, was das Formulieren und Priorisieren von Problemen und den Ansätzen zu ihrer Lösung – vor allem für Prozessbeteiligte – erschwert. Hinzu kommt die Risikoorientierung, die im operativen Management aufgrund der Überlastung mit Routinefragen oder technischen Details zu kurz kommt.
Zu 3.: Analyse und Diagnose
Hier geht es um das Analysieren, d.h. Zerlegen der Problemaspekte in seine Einzelteile. Gute Beratungstools sind hier die W-Frage-Technik, Brainstorming, Interviews und Mind-Mapping. Also z.B. wer stellt den Schwund fest, bei welchen Beständen, (seit) wann sind Fehlbestände bekannt, wie werden Bestände ermittelt, u.Ä. Es geht um das Erheben und Kritisieren des Ist-Zustands zwecks Beschreibung des Problems des Auftraggebers in allen Details und Aspekten Diese Ist-Kritik ist entscheidend für die Qualität der Folgeschritte.
Zu 4.: Zielsetzung
Erst auf Basis einer detaillierten Problembeschreibung („Wie ist die Sachlage derzeit“?) lässt sich eine realistische Zielsetzung formulieren. Diese erlaubt es, den nachfolgenden Prozess der Zielerreichung inhaltlich und zeitlich (vor allem in Form von Meilensteinen) zu strukturieren.
Zu 5.: Empfehlung konkreter Maßnahmen
Zum Zweck der Zielerreichung sind konkrete Korrektur- bzw. Verbesserungsmaßnahmen zu entwerfen und mit dem Auftraggeber zu diskutieren („Sparring“). Die Maßnahmen sollten möglichst operational formuliert und hinsichtlich ihrer direkten und indirekten Wirkungen gründlich durchdacht sein. Zudem sollte festgelegt werden, wer die Kompetenz bzw. Verantwortung für die Entscheidung über eine Maßnahme, für die Umsetzung und für das (rechtzeitige) Feedback über den Umsetzungserfolg an den Entscheidungsträger hat. Diese Kompetenzen sollten schriftlich dokumentiert werden.
Zu 6.: Zielorientierte Implementierung
So wie der Auftraggeber an Analyse und Diagnose teilhaben soll, kann die Interne Revision – ohne Aufgaben des Managements zu übernehmen – bei der Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen methodische bzw. kommunikative Hilfestellung leisten. Die Auftraggeberseite soll in die Lage versetzt werden, selbst Wege zur Problemlösung zu erkennen und zu entwickeln.
Zu 5.: Problem der Wahrung der Objektivität der Internen Revision bei Beratungsleistungen
Die Objektivität der Internen Revision ist eine der zentralen Grundlagen für Professionalität. Die unabhängige und nicht durch Dritte beeinflusste Urteilsbildung begründet ein grundsätzliches Vertrauen in die Prüfungsergebnisse. Dieses Vertrauen als Glaube an die Integrität der Person des Revisors ist das wichtigste Kapital der Revision, und es wirkt nicht nur in Richtung der übergeordneten Stellen, sondern auch in Richtung der geprüften Bereiche.
Objektivität unter der Prämisse zu sehen, man sei ohnehin (nur) dem Vorstand oder Geschäftsführer berichtspflichtig, ist schlichtweg falsch. Auch unter dieser Voraussetzung muss der Prüfer ein Urteil fällen, das dem geprüften Sachverhalt gerecht wird - selbst wenn es Diskussionen nach sich zieht. Auch unter dieser Prämisse muss die Berichterstattung vollständig, objektiv und wahrheitsgemäß sein. Objektivität kann unter sechs Aspekten verstanden werden:
- als empirisch belegte Erkenntnis, also als Ergebnis von dokumentierten Analysen
- als Ergebnis einer umsichtigen, Nach- und Nebenwirkungen berücksichtigenden Prüfung
- als Anwendung wissenschaftlich anerkannter Methoden, z.B. der Statistik oder der Forensik
- als Konzentration auf Zahlen, Daten und Fakten und sachliche Fundierung von soft facts
- als Wertfreiheit bzw. Unvoreingenommenheit und Integrität
- als Intersubjektivität, d.h. Analyse, Auswertung und Interpretation der Ergebnisse sind von Dritten nachvollziehbar.
Sofern unternehmensintern Beratungsleistungen erbracht werden, ist im Detail zu definieren, unter welchen Voraussetzungen die Interne Revision in den Fachbereichen nach einer Beratung prüfen kann. Bei der Erbringung für unternehmensexterne Empfänger stellt sich dieses Problem in aller Regel nicht, weil die Revision dort nicht prüfend tätig wird, bzw. bei einer Prüfung das Prüfungsteam relativ problemlos mit anderen Revisoren besetzt werden kann. Bei unternehmensinternen Beratungsadressaten sind aber folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen:
- Zeitdauer einer eventuellen Phase der Unprüfbarkeit
- Abgrenzung von Themen- und Funktionsbereichen
- Voraussetzung für eine Prüfung unter Einsatz von nicht beratendem Personal.
Denkbar ist die Festlegung einer Zeitspanne, wobei es schwierig ist, dies als Zeitraum vorzugeben - etwa ein Jahr. Es scheint sinnvoller, Beratungsprojekte daraufhin zu analysieren, wie bedeutsam sie für die Interne Revision als Prüfungsobjekt sind. Im Rahmen der risikoorientierten Prüfungsplanung können z.B. Wertschöpfung, Umsatz, das mögliche Verlustrisiko oder die Managementqualität Kriterien bilden. Stellt sich heraus, dass aufgrund dieser Beurteilung der Prozess relativ kurz nach Fertigstellung (wieder) geprüft werden muss, so hat der Leiter der Revision hierfür angemessene Maßnahmen zu treffen - unter Umständen heißt dies auch, im Vorfeld auf einen entsprechenden Auftrag zur Beratung zu verzichten, bzw. im Nachhinein die Besetzung des Prüfungsteams so vorzunehmen, dass die Objektivität nicht beeinträchtigt wird.
Es sollten auch Regelungen gefunden werden, die es der Internen Revision ermöglichen, nach einer Beratung zum einem bestimmten Thema innerhalb derselben Abteilung ein anderes Thema zu prüfen. Es stellt sich jedoch die Frage, was geschieht, wenn sich dabei Überschneidungen ergeben. Das wird nicht die Ausnahme sein; allerdings gilt es bei wesentlichen Überschneidungen bei der Prüfung anderer Prozesse festzulegen, wie mit ihnen verfahren wird. Es gilt im Grundsatz das oben Gesagte zu möglichen Alternativen.
6 Prüfung oder Beratung?
Die Frage, ob, bezogen auf ein einziges Objekt, eine Prüfungs- oder eine Beratungsleistung erbracht werden muss, könnte auf diese Weise beantwortet werden: Zuerst eine Prüfungsleistung, dann eine mögliche Beratungsleistung erbringen.
Dieser naheliegende Ansatz greift aber zu kurz: Er lässt außer Betracht, dass bei einer risikoorientierten Prüfungsplanung zunächst zu analysieren ist, welche Prozesse einer Revision unterzogen werden müssen, um die Erreichung einzelner Unternehmensziele zu unterstützen. Hinzu kommt als zusätzliche Planungsvariable der von der Revision identifizierte oder von Dritten an sie herangetragene Beratungsbedarf. Dieser Bedarf von Dritten kann von externen oder internen Quellen kommen; interne Quellen sind für eine etablierte Innenrevision zunächst vorzuziehen, wenn dem keine anderen Vorgaben entgegenstehen. Für Dienstleister stellt sich die Frage nicht.
Der erste Schritt ist die Entscheidung, ob ein Prozess Objekt einer Prüfung sein soll oder nicht. Ist dies der Fall, so kommt er für eine Beratungsleistung nicht mehr in Betracht. Hier könnte es problematisch sein, dass eine der Revision vorgesetzte Instanz, also ein Geschäftsführer oder die Geschäftsführung als Kollegialorgan, etwas anderes bestimmt. Die Revision wäre in diesem Fall in ihrer Unabhängigkeit verletzt, der Leiter müsste darauf hinwirken, dass die Entscheidung revidiert wird. Ein solcher Fall tritt nur dann nicht ein, wenn die Interne Revision gemäß der im Berufsstand üblichen best practice arbeiten kann.
7 Fazit
Zusammenfasend ist festzuhalten, dass die Entscheidung über Prüfung oder Beratung also im Rahmen der Umsetzung des risikoorientierten Prüfungsansatzes bei der Prozessanalyse nach den obigen Kriterien je nach Einzelfall getroffen werden muss.